Bahn frei für den nächsten US-Präsidenten

    Ein Ausblick

    (Bild: zVg)

    Unbestritten ist der mächtigste Mann der Welt der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Zudem sind die USA nach wie vor die stärkste Wirtschaftsmacht mit einem Bruttosozialprodukt von US$ 20,54 Billionen (2018). Auch die Militärausgaben in Höhe von US$ 732 Milliarden (2019) sind die höchsten weltweit.

    Unter der derzeitigen US-Präsidentschaft Trumps gibt es zwischen Europa und der USA politische Uneinigkeiten. Doch dürfen wir dabei nicht vergessen, dass die USA auch der alliierte Partner Europas – und damit auch der Schweiz – sind. Rund 20’000 US-amerikanische Soldaten sind in Europa stationiert. Sie garantieren innerhalb der NATO für die Sicherheit Westeuropas. Diese Tatsache darf nicht unterschätzt werden. Ein Truppenabbau, wie ihn Trump vorsieht, wäre möglicherweise sehr gefährlich, wenn man die Expansionspläne der Russen, die sich unter Putin noch verschärft haben (Krim, Estland, Lettland, Litauen, etc.) in die Waagschale legt. Alle Europäer sind daher gespannt auf die US-Präsidentschaftswahlen im Herbst.

    Wer wird nun also am 3. November 2020 zum nächsten Präsidenten gewählt? Bevor ich mich mit dieser Frage beschäftige, muss ich kurz einen Abstecher zu COVID-19 machen. Die Aussicht auf einen wirksamen Impfstoff wird die wirtschaftliche Entwicklung und das Vertrauen bei den Konsumenten positiv beeinflussen. Viele Ökonomen gehen davon aus, dass uns dieser Virus noch lange begleiten und die wirtschaftliche Erholungsphase länger dauern wird. Länger als nach der Finanzkrise 2008. Die wirtschaftliche Entwicklung bis November wird nämlich einen entscheidenden Einfluss auf die Wahlen haben. Statistisch gesehen weiss man, dass ein Präsident, der sich zur Wiederwahl stellt, immer dann gewählt wurde, wenn es der Wirtschaft gut ging und die Börsen stiegen. Doch die Wirtschaft wird die momentane Rezession bis zum Herbst nicht überwunden haben. Die Arbeitslosenzahlen zeugen davon; die Börsen jedoch halten sich (noch) erstaunlich gut. Die Volatilitäten und die Ungewissheiten sind jedoch omnipräsent.

    Darum ist es auch kein Geheimnis, dass Autokraten, Alliierte und Freunde der USA mehrheitlich hinter dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden stehen. Eine zweite Amtszeit von Donald Trump wäre eine Katastrophe für die internationale, demokratische Gemeinschaft, also sozusagen für den ganzen Westen. Dass entgegen aller Erwartungen Trump 2016 zum Präsidenten gewählt wurde, sollte uns darum auch weiterhin vorsichtig stimmen, denn noch lange nicht ist allen Wählern in den USA klar, dass Trump eigentlich unhaltbar ist. Was uns hoffnungsvoll stimmt ist die Tatsache, dass neue Umfragen deutlich zeigen, dass Biden gute Chancen hat, ins Weisse Haus einzuziehen. Trump hat grosse Teile seiner Wählerschaft verloren, vor allem wegen der wirtschaftlichen Misere und seinem miserablen Krisenmanagement während COVID-19. Zusätzlich kommen jetzt die nicht enden wollenden Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus, wo Trump klar die Polizei stützt und somit die afroamerikanischen Wähler nicht hinter sich haben wird. Trotzdem hat Trump wiederholt gezeigt, dass er sich sehr geschickt ins positive Licht stellen kann.

    Doch auch ein Biden-Sieg würde sicher die Welt nicht von heute auf morgen verändern. Die jetzigen Probleme der USA mit China, im Mittleren Osten, mit Wladimir Putin und mit Südkorea bleiben auch darüber hinaus bestehen und verlangen nach einer Lösung. Nicht zu vergessen sind sicher auch die Folgen der Globalisierung und die Ungleichheiten, welche den Populisten in die Hände spielt (und Trump ist so einer!).

    Nach der Launenhaftigkeit von Trump können wir davon ausgehen, dass Joe Biden Wert auf Allianzen legt, die USA ins Pariser Klimaabkommen zurückführt und sicher auch die Beziehungen zum Westen wieder stärken wird – zu Deutschland und Frankreich insbesondere – und die liberalen, demokratischen Werte wiederherstellt. Es würde sicher auch eine Wende gegenüber Trumps kriegerischem Unilateralismus geben.

    So bleibt auch den Freunden der USA keine Zeit, dem Geschehen weiterhin nur zuzuschauen. Im Gegenteil, die wichtigsten Alliierten der USA sollten sich jetzt darüber Gedanken machen, ein regelbasiertes, internationales System wiederherzustellen. Diese Erstarkung der demokratischen Werte unter einem neuen Präsidenten würde wahrscheinlich den Chinesen und den Russen nicht gefallen, da sie ihren Einfluss minimieren oder gar verlieren könnten. Es ist jedoch vital, dass wir im Westen die demokratischen Werte, auf welchen unser Wohlstand und unsere Sicherheit basieren, wieder in den Griff bekommen. Joe Biden ist ein Fan der NATO. Seine Wahl würde sicher den europäischen Mitgliedern in der NATO Auftrieb geben, womit sie sich wieder stärker einbringen könnten. Biden hat auch wiederholt betont, wieder in das Atomabkommen mit dem Iran einzusteigen. Auch hier kann Europa mit einem Biden-Präsident wieder mehr Einfluss nehmen.

    Im Fernen Osten hat Trump auch einen Scherbenhaufen hinterlassen. Seine Forderungen im Handelsstreit mit China waren zum Teil gerechtfertigt, doch bleibt der Stil höchst fragwürdig. Mit einer geeinten Front des Westens mit Japan, Südkorea und Australien könnte eine stärkere Front gegenüber China aufgebaut werden und würde weitaus mehr bringen, als die ständigen Explosionen, Sanktionen und Drohungen des jetzigen Präsidenten gegenüber seinen Alliierten.

    Die USA unter Trump haben bewusst die «Leaderrolle» auf der Welt abgegeben und mit «America First» sehr viel Schaden angerichtet. Darum sollten die westlichen Partner Joe Biden auf den Wahlkampf hin eine Partnerschaft anbieten, um die Demokratien der Welt nicht weiter zu schwächen. Die Bemühungen der westlichen Politiker als auch des amerikanischen Volkes, das im Herbst an die Urne geht, sollten jetzt beginnen, um im November eine Wende zu erreichen. An Geld wird es Joe Biden nicht fehlen, da ihn unter anderem Bloomberg finanziert. Doch darf man Trump und seine Gefolgschaft nicht unterschätzen. Sollte er dennoch gewinnen, müssen alle Wetten sofort eingestellt werden!

    Eric G. Sarasin

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