Jobsituation in der NWS: Gute Aussichten für das zweite Halbjahr 2016
Die Region Nordwestschweiz war in geringerem Ausmass als andere Regionen von der Weltwirtschaftskrise betroffen. Der Kanton Basel-Stadt hat in den letzten Jahren ein im schweizweiten Vergleich überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum verzeichnet. Deshalb sorgt der im Vergleich zum nationalen Mittelwert geringere Jobmarkt-Wachstumskoeffizient kaum für Unruhe. Ganz im Gegenteil – für das zweite Halbjahr 2016 sind die Prognosen ziemlich optimistisch.
Auf dem Schweizer Stellenmarkt zeichnet sich eine positive Trendwende ab. Im ersten Quartal 2016 legte der Stellenmarkt um fast 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Dies zeigt die Erhebung des Adecco Swiss Job Market Index der Universität Zürich. Die positive Entwicklung lässt sich in fast allen Regionen beobachten. Ein schrumpfendes Angebot verzeichnen einzig die Ostschweiz und die Genferseeregion. Wir wollten mehr Details für die Region Nordwestschweiz erfahren und haben beim Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt und bei der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft nachgefragt.
Jobsituation: Gute Aussichten für das zweite Halbjahr 2016
Die erst neulich publizierte Studie zum Adecco Swiss Job Market Index der Universität Zürich besagt, dass die Region Basel/Nordwestschweiz mit knapp drei Prozent leicht hinter dem nationalen Wachstumskoeffizienten von vier Prozent liegt. «Die Region Nordwestschweiz war in geringerem Ausmass als andere Regionen von der Weltwirtschaftskrise betroffen, und der Kanton Basel-Stadt hat in den letzten Jahren ein im schweizweiten Vergleich überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum verzeichnet. Der Nachholbedarf der Unternehmen in der Rekrutierung könnte auch darum geringer als in anderen Kantonen ausfallen», sagt Brigitte Meyer, Generalsekretärin im Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt. Sie spricht hierbei den so genannten «Catch-up-/Niveau-Effekt» an: Der Index weise, so Brigitte Meyer weiter, die relative Veränderung gegenüber dem Vorquartal respektive Vorjahresquartal aus. Ergo: Ein hohes Niveau im letzten Betrachtungszeitraum führe fast automatisch zu tieferen Werten im Folgequartal.
«Die sich anbahnende Erholung am Stellenmarkt freut uns»
Rolf Wirz, Kommunikationsbeauftragter der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft bestätigt: «Tatsächlich ist gemäss der Adecco-Studie das Jobwachstum in der erweiterten Region im ersten Quartal 2016 positiv, aber unter den nationalen Werten ausgefallen. Das trifft sowohl für den Quartals- als auch den Vorjahresvergleich zu. In der Schweiz zeichnet sich eine Trendwende am Arbeitsmarkt ab, was durch Adecco oder auch durch die Arbeitslosenzahlen des Seco gestützt wird. Der Anstieg der Zahl der Arbeitslosen scheint gestoppt. Im Mai hat sich die Arbeitslosenquote zurückgebildet. Im Kanton Basel-Landschaft blieb sie im Vormonatsvergleich zwar konstant, mit drei Prozent aber auf tieferem Niveau als im nationalen Mittelwert.» Rolf Wirz stützt die Aussage von Brigitte Meyer, wonach die Region weniger stark von der Eintrübung am Arbeitsmarkt betroffen war als andere Regionen. «Der Grund liegt in der Branchenstruktur, die hier weniger zyklisch ist und somit weniger stark auf konjunkturelle Schwankungen und zuletzt auf die Frankenstärke reagiert», so Wirz. Folglich waren zuerst die Betroffenheit und nun die «Gegenbewegung» weniger ausgeprägt. «Nehmen wir die Arbeitslosenzahl als Referenz, dann zeigt sich, dass die Verfassung des Nordwestschweizer-Arbeitsmarktes im nationalen Vergleich sehr gut ausnimmt», fügt er hinzu.
Laut Prognosen von BAKBASEL (Stand: April 2016) werde die Beschäftigung in den beiden Basel im Jahr 2016 um 0.7% zunehmen (+0.3% in der Schweiz). Brigitte Meyer: «In Basel-Stadt wird ein gesamtwirtschaftliches Beschäftigungswachstum von 1%, resp. 1.5% in der chemisch-pharmazeutischen Industrie erwartet. Die sich anbahnende weitere Erholung am Stellenmarkt freut uns natürlich.»
Für einmal bedeutet Stagnation nicht Rückschritt…
Wie erklären sich aber die regionalen Unterschiede und wie kommt es, dass im Mittelland (Region Espace Mittelland) beispielsweise eine Zunahme von 15 Prozent im letzten Quartal registriert wurde und bei uns «nur» deren drei Prozent? Das Auftragsvolumen im Bausektor ist in Basel-Stadt aufgrund hoher öffentlicher wie privater Investitionen zudem seit einiger Zeit sehr gut, heisst es aus dem Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt. Ergo: Eine weitere Zunahme auf solch einem hohen Niveau sei folglich relativ schwierig zu erreichen. «Mit der Realisation von neuen Grossprojekten – zum Beispiel die Erweiterung des Roche-Areals – werden aber auch in Zukunft Arbeitskräfte benötigt. Auch die Industrie wie jene der Life-Science Branche dürfte weiterhin solide Wachstumsraten verzeichnen», berichtet Brigitte Meyer. Der Espace Mittelland scheint in diesen beiden Bereichen eine Ausnahme zu sein. Schweizweit wurde hier ein Rückgang von 4.3% (Industrie und Transport) respektive 9.7% (Bau & Ausbau) verzeichnet.
Flexibler Arbeitsmarkt ermöglicht Strukturwandel aus eigener Kraft
Die Region Nordwestschweiz profitiert stark von einem sehr flexiblen Arbeitsmarktangebot und einem Pool von Grenzgängerinnen und Grenzgängern auf allen Qualifikationsstufen. Basel-Stadt ist ein sehr attraktiver Standort für Life Sciences-Unternehmen. Dies ermögliche der Wirtschaft, aus eigener Kraft einen Strukturwandel zu vollziehen. Von der forschenden und produzierenden Industrie hin zu hochproduktiven und technologieintensiven Tätigkeiten sowie HQ-Funktionen.
Im aktuellen Bericht des Adecco Swiss Job Market Indexes heisst es: Der Stellenmarkt der Nordwestschweiz wächst im Jahresvergleich leicht, was der gesamtschweizerischen Entwicklung entspricht. Nur das Stellenangebot in den Berufen der Technik und der Informatik schrumpft etwas (–6%), wobei dafür mehrheitlich die Abnahme bei den Stellen für Informatiker verantwortlich ist. Die Nachfrage in den restlichen Berufen bleibt nahezu unverändert. Innerhalb der Berufe der Unternehmensdienstleistungen verlieren aber vor allem die Berufe des Handels und des Verkaufs, während die Nachfrage in den Büro- und Verwaltungsberufen zulegen kann. In den Bereichen Industrie und Bau kann trotz der negativen Quartalsentwicklung das Vorjahresniveau gehalten werden. Unverändert bleibt die Stellenanzahl auch bei den Berufen der persönlichen und sozialen Dienstleistungen. Rolf Wirz präzisiert: «Gemäss verschiedenen Umfragen im Frühjahr in der Region ist die Arbeitsnachfrage vorab in den Bereichen Chemie/Pharma und IT sehr hoch. Hier erwägen rund 50 Prozent der Unternehmen einen Ausbau der Zahl der Beschäftigten. Ebenfalls per Saldo Stellen ausbauen wollen die Vertreter der «übrigen verarbeitende Industrie», Grosshandel, Finanzsektor und Logistik, allerdings in vermindertem Ausmass.»
Es zeige sich aber, dass in fast allen Branchen und Sektoren auch neben Unternehmen , die Stellen aufbauen, auch solche zu finden sind, welche ihre Belegschaft reduzieren wollen. Die wirtschaftliche Lage und Arbeitsnachfrage ist also nicht branchenübergreifend gleich, sondern von Unternehmung zu Unternehmung stark unterschiedlich.
Die Region Basel profitiert von seinen Arbeitsmarkt-Vorzügen und der geostrategischen Lage. Dennoch sei die Frage erlaubt, wo die regionalspezifischen «Gefahren» bezüglich Jobsicherheit liegen. Wie schon Brigitte Meyer verweist Rolf Wirz auf die Win-Win-Situation dank der Lage der Region am Dreiländereck: «Die Grenznähe ist für die Wirtschaftsregion Basel immer ein grosser Vorteil. Der Markt, auf welchem die Arbeitskräfte rekrutiert werden können, ist grösser und die Chance, die gesuchten Qualifikationen zu finden, steigt damit an. Gleichzeitig verschafft der Zugang zum grossen Arbeitsmarkt im Elsass und in Süddeutschland aber auch ein zusätzliches Mass an Flexibilität für die Unternehmen und genauso für die Arbeitskräfte selbst. Sie können zwischen verschiedenen Arbeitsmärkten auswählen.» Sein Schlussfazit im Hinblick auf das nächste Halbjahr und die mittelfristige Zukunft: «Der Arbeitsmarkt in der NWS und im Baselbiet ist stabil und robust. Solange die Qualität des Arbeitsangebots, das Know-how, die Einsatzbereitschaft und die Flexibilität der Arbeitskräfte weiter so ist und die Unternehmungen wettbewerbsfähig sind, wird das auch so bleiben.»
JoW
Cleantech-Jobs auf dem Vormarsch!
Wie wichtig ist der Themenkomplex Nachhaltigkeit, beziehungsweise die Entwicklung der nachhaltigen Berufe in der neuen Jobsuche? Werden Cleantech-Jobangebote schon jetzt und noch viel mehr in naher Zukunft in der Region stärker als anderswo in der Schweiz zunehmen? Viele Weiterbildungsinstitute wie beispielsweise die TEKO in Basel bieten nun ganz gezielt Ausbildungen in diesem Branchenfeld an (zum Beispiel Dipl. Technikerin HF / dipl. Techniker HF Energie und Umwelt), welche zudem noch finanziell kantonal unterstützt und gefördert werden. Einige Kantone, darunter auch Basel-Stadt und Basel-Landschaft, unterstützen die Weiterbildung ihrer Einwohner auf Stufe Höhere Fachschule oder eidg. Fachausweis mit finanziellen Beiträgen. Für die Interessierten ein noch grösserer Anreiz.
Brigitte Meyer, Generalsekretärin im Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt:
«In Basel-Stadt gibt es bereits heute viele in ihrer Sparte weltweit führende Unternehmen. Generell gilt der Standort als attraktiv für innovative Geschäfts- und Produktideen. Darunter fällt auch der Cleantech-Sektor. Der Regierungsrat hat eine klare Standortförderungs-Strategie und versucht Bereiche, in denen Basel-Stadt und die Region bereits stark sind, zu fördern und ideale Rahmenbedingungen für die bestehenden und für neue Unternehmen zu bieten.»
Rolf Wirz, Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft:
«Die wirtschaftliche Dynamik wie auch die Arbeitsnachfrage im Bereich «Cleantech» zu beurteilen ist sehr schwierig. Bei Cleantech handelt es sich nicht um eine «offizielle Branchenzuteilung», so dass die statische Erfassung schwer fällt. Cleantech kann in verschiedenen Unternehmungen und Branchen ein Bestandteil der Tätigkeiten sein. Entscheidend ist aber, dass Unternehmungen mit zukunftsweisenden Themen, Produkte oder Dienstleistungsangeboten, mit Differenzierungsmerkmalen, Produktivitäts- oder Kostenvorteilen wachsen und mehr Arbeitskräfte nachfragen.»